Mein Name ist Adrienne Krappidel. Ich arbeite bei der Arbeiterwohlfahrt, der AWO. Wenn es um explodierende Mieten geht, wird oft von Studenten oder Familien gesprochen, die mit den Mietpreisentwicklungen nicht mehr Schritt halten können Aber mindestens genauso stark von dem Problem betroffen sind Seniorinnen und Senioren. Für sie möchte ich heute und hier meine Stimme erheben. Dies kann ich aus zwei Gründen: Erstens, weil ich täglich mit hilfebedürftigen Menschen zu tun habe, um die wir uns als AWO kümmern. Im Bereich der Pflege sind das viele ältere Menschen. Und zweitens, weil ich in meiner eigenen Biografie erfahren habe, was Woh- nung – insbesondere für ältere Menschen – bedeutet. Als ich vor 10 Jahren die Wohnung meiner Großmutter ausräumen musste, wurde mir diese Bedeutung schlagartig klar: WOHNUNG, das sind Namensschild, Tür und Schlüssel. WOHNUNG, das sind Düfte, Farben und Erinnerungen an der Wand. WOHNUNG, das sind Fenster, Nachbarn und Geschichten. WOHNUNG, das sind Sicherheit, Vertrauen, Heimat.. Und wenn etwas erst einmal Heimat geworden ist, fällt der Abschied schwer. Die AWO hat täglich mit Menschen zu tun, die sich von ihrer Wohnung aus gesundheitlichen Gründen verabschieden müssen. Oftmals akzeptieren Betroffene diesen Schritt, weil sie wissen, dass sie sich nicht mehr selbst ver- sorgen können. Doch wie will man Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, vermitteln, dass sie sich von ihrer Wohnung nicht aus gesundheitlichen Gründen verab- schieden müssen, sondern weil sie mit ihrer Rente die ständigen Mieterhö- hungen nicht mehr stemmen können. Seniorinnen und Senioren können sich keinen besser bezahlten Job suchen oder nach einer Gehaltserhöhung fragen. Ãltere Menschen müssen mit ihrer Rente auskommen! Und diese Rente ist zwischen 2007 und 2017 nur um durchschnittlich 22 Pro- zent gestiegen, während sich die Mieten – allein in Leipzig – um ganze 37 Prozent erhöht haben! Wenn diese Entwicklung so weiter geht, werden immer mehr ältere Menschen aus ihrer Wohnung, ihrer Heimat, finanziell vertrieben werden. Um diese Entwicklung zu stoppen, fordert die AWO schon seit langem unter anderem folgende drei Punkte: 1. Mehr Sozialwohnungen. Es kann nicht sein, dass es in Leipzig momentan nur 305 Sozialwohnungen gibt. Bereits in 6 Jahren brauchen wir mehr als 10.000. Bund und Länder müssen deshalb endlich stärker und nachhaltiger in den sozialen Wohnungs- bau investieren. Und die Länder sollen Wohnungsbaumittel nicht mehr zweck- entfremden dürfen! Außerdem sollen bereits bestehende Sozialwohnungen nach Auslaufen der Belegungsbindung nicht mehr in normale Wohnungen umgewandelt werden dürfen. 2. Mehr barrierefreie Wohnungen. Obwohl die Zahl älterer Menschen schon seit Jahren stetig zunimmt, leben nur rund 8% der Senioren in altersgerechten Wohnungen. Bereits bestehende barrierefreie Wohnungen müssen daher mit staatlicher finanzieller Unterstützung saniert werden können, aber so, dass sie anschlie- ßend auch noch für ältere Menschen bezahlbar sind. 3. Quartiersentwicklung fördern, damit Seniorinnen und Senioren den Weg zur ihrem Bürgeramt, ihrem Senio- renkaffee, ihrem Supermarkt oder ihrem lokalen Bäcker nicht verlieren. Freiheit, Gleichheit, Toleranz, Solidarität und Gerechtigkeit. Das sind die Werte, für die die AWO einsteht. Aus unserer Sicht müssen diese Werte auch wieder auf dem Wohnungsmarkt gelten, damit Leipzig eine Stadt für alle – auch für ältere Menschen – bleiben kann. Dafür wird sich die Arbeiterwohlfahrt mit aller Kraft einsetzen. Und wenn Sie uns dabei unterstützen möchten, dann kommen Sie gern vorbei...