Housing Action Days / Aktionstage Wohnen: Leipziger Initiativen vernetzen sich und fordern Mietendeckel und Wohnungsnot stoppen
In Leipzig sind dieses Jahr erneut lokale Initiativen, Vereine und Mieter:innen zu den Housing Action Days, den Aktionstagen Wohnen, aktiv. Mit zahlreichen Veran-staltungen machen sie auf ihre Forderungen nach bezahlbarem Wohnen, Freiräumen und solidarischen Nachbar:innenschaften aufmerksam, vernetzen sich und wollen ihre Erfahrungen und ihr Know-how mit anderen Menschen teilen.

Das Programm aus Gesprächen, Kundgebungen, Rundgängen, Infoveranstaltungen und Filmen läuft bereits seit 8. April 2025 und erstreckt sich noch bis zum 10. Mai 2025. In der aktuellen Woche – vom 23.-30.04.2025 – geht die Veranstaltungsreihe in die heiße Phase – in Leipzig und auch in Städten weltweit .
Neben zahlreichen Einzelveranstaltungen in Leipzig wird die gemeinsame Kundgebung am Sonntag, den 27. April, von 14-18 Uhr im Clara-Zetkin-Park, die Möglichkeit bieten, den selbst gesteckten Zielen der Vernetzung näherzukommen. Selbstorganisierung und Vernetzung von Mieter:innen ist notwendig, weil der Wohnungs- und Immobilienmarkt die Probleme der Menschen nicht löst, sondern verschlimmert. Die wohnungspolitischen Instrumente sind in den letzten Jahrzehnten immer weiter beschnitten und abgebaut worden. Das Mietrecht schützt in dieser Situation nicht mehr ausreichend vor Verdrängung und erzwungenem Umzug oder gar Wohnungslosigkeit.
„Die Wohnungsmisere in Leipzig hat tiefergehende, länger zurückliegende Ursachen als nur den Bevölkerungszuwachs. Sie ist das Resultat des jahrelangen Abbaus wohnungspolitisch regulierender Instrumente und einer damit einhergehenden Kräfteverschiebung zugunsten privatwirtschaftlich agierender Unternehmen gegenüber kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsversorgern. Um das Problem grundlegender anzugehen, unterstützen wir als Stadtteilinitiative bundesweite Ansätze, wie die Forderung eines Mietendeckels und eine Reform bei der Umwandlung in Eigentumswohnungen, Eigenbedarfskündigungen sowie Vorkaufsrechten“, so Robin Weisbach von der Stadtteilinitiative Vernetzung Süd.
Wie die Stadtteilinitiative unterstützen viele der beteiligten Initiativen die aktuellen wohnungspolitischen Kampagnen „Wohnungsnot stoppen“ (wohnungsnot-stoppen.de) und „Mietendeckel jetzt“ (mietendeckel-jetzt.org), welche einerseits Mieterrechte auf dem rauen Wohnungsmarkt zu stärken suchen und andererseits die grundlegende Reform des Mietrechts durch einen bundesweiten Mietendeckel fordern.
Ein weiteres Ziel der Leipziger Housing Action Days ist es, Mieter:innen, Hausgemeinschaften und Nachbarschaften in Leipzig in die Lage zu versetzen, sich den Zumutungen der Wohnungsmisere zu widersetzen, ihre Rechte als Mieter:innen wahrzunehmen, sich gegenseitig zu unterstützen und schließlich auch politische Forderungen an Stadt, Land und Bund zu erarbeiten.
Der zuletzt überregional bekannt gewordene Fall einer überteuerten Massen-WG in Lindenau wäre nicht so bekannt geworden, wenn Nachbar:innen und Mieter:innen sich nicht im Bündnis #unitedcapitulation bereits über längere Zeit und über Stadtteilgrenzen hinweg, zusammengeschlossen hätten und die Praxis ihres Vermieters – dem Firmenkonglomerat um United Capital RE GmbH, ihrer (ehemaligen) Geschäftsführer und der mit ihnen verbundenen und weit verzweigten weiteren Firmen – dokumentiert hätten. Immer wieder melden sich Betroffene beim Bündnis und bitten um Unterstützung. Dazu eine:r der Mieter:innen:
„Nach dreieinhalb Jahren sind wir nach wie vor über die Dreistigkeit und Unverfrorenheit der beiden (ehemaligen) Geschäftsführer erschrocken. Verstöße baurechtlicher Art werden dem Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung regelmäßig gemeldet. Wir sammeln Erfahrungsberichte und unterstützen Betroffene auch mental bei ihren Einzelkämpfen. Wir arbeiten bei rechtlichen Fragen eng mit dem Mieterverein Leipzig zusammen. Jede:r sollte seine:ihre Rechte und Pflichten kennen und sich durch Drohgebärden nicht einschüchtern lassen. Es gilt sich als Mieter:innen und Nachbar:innen gegenseitig zu unterstützen!“
Um Leipziger Mieter:innen erste Schritte und Hinweise zur Wahrnehmung ihrer Rechte und Möglichkeiten einer solidarischen Praxis aufzuzeigen, arbeiten Leipziger Gruppen gerade an der Neuauflage der Infobroschüre „…schon wieder Ärger mit den Vermieterinnen – Selbsthilfe, Beratung und Tipps für Mieterinnen“. Die Veröffentlichung der Neuauflage ist noch für das Frühjahr 2025 vorgesehen.
Mit all diesen Erfahrungen und einer zunehmenden Vernetzung verschiedener Recht-auf-Stadt-Initiativen entwickelt sich in Leipzig auch ein Know-How und stärkeres Selbstbewusstsein, sich in die Stadtentwicklung aktiv einzumischen und diese mitgestalten zu wollen, wie das Beispiel Bürgerbahnhof Plagwitz zeigt:
„Private Eigentümer:innen und Investor:innen planen seit Jahren an den tatsächlichen Bedarfen der Stadtgesellschaft vorbei. Unter dem Deckmantel der Wohnungsnot werden sozial- und klimaschädliche Nachverdichtungen über die Köpfe der Menschen hinweg durchgedrückt. Dabei werden ganze Straßenzüge umgewälzt und wertvolle Freiräume zerstört. Bezahlbarer Wohnraum entsteht daraus jedoch kaum. Die Stadt gehört allen, nicht einigen wenigen. Leipziger:innen an die Verhandlungstische!“, sagt die Bürgerinitiative „Bürgerbahnhof Plagwitz erhalten!“
Weitere Information zum Programm der HAD: leipzigfueralle.de/2025/04/03/housing-action-days-2025/
