Aufruf von Juliane Nagel zur Demo am 6.4.2019

Am 6. April gegen Verdrängung & Mietenwahnsinn/ Ab 12:00 gemeinsam vom Leipziger Süden zur zentralen Demo

Am 6. April 2019 gibt es einen europaweiten Aktionstag gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn. Auch in Leipzig findet ab 14:00 ab Bayerischer Bahnhof eine Demonstration statt. Wir laden ein gemeinsam vom Süden zur zentralen Demo zu laufen!
6. April, 12:00 ab Leopoldpark (Leopoldstraße / Wolfgang-Heinze-Str.): Steigenden Mieten die rote Karte zeigen – Für bezahlbaren Wohnraum für alle!

Leipzig wandelt sich in den vergangenen Jahren rasend schnell. Eine lebendige Stadt ist etwas schönes, doch die Mietsteigerungen in unseren Stadtteilen beobachten wir mit Sorge. Brachflächen werden mit nichtssagenden Betonhäusern bebaut, die ausschließlich für Menschen mit höheren Einkommen neuen Wohnraum bieten.
Andere Wohnungen werden in Eigentumswohnungen umgewandelt oder „modernisiert“ und zu hohen Preisen wieder angeboten. Davon profitieren Unternehmen und Investor*innen, sowie jene, die ihr Kapital in Immobilien anlegen. Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Leipzig, betrachtet diesen Prozess ohnmächtig als Zuschauer*innen am Rand. Dabei dürfen wir nicht vergessen: Fast 90 Prozent leben zur Miete! Die miesen Löhnen in Leipzig haben bei der Entwicklung der Kosten für unsere Wohnungen noch nie mitgehalten, so dass immer mehr Geld von unseren geringen Einkommen für Miete drauf geht. So titelte erst kürzlich eine Zeitung:
„Großstädtevergleich: Leipziger verdienen deutschlandweit am wenigsten. Im jüngsten Gehaltsvergleich von Fach- und Führungskräften in den zehn größten Städten Deutschlands landet Leipzig weit abgeschlagen auf dem letzten Platz.“ Also nicht mal die angeblichen „Führungskräfte“ der Stadt können etwas mit den neuen Häusern anfangen.

Die Verdrängung infolge der Aufwertung der Stadtteile nennt sich Gentrifizierung und ist in vielen Großstädten zu beobachten. Dies geschieht duch durch gezielte öffentliche und private Investitionstätigkeit. So werden – meist ohne die Anwohner*innen nach ihren Vorstellungen zu fragen oder wirklich einzubeziehen – Grünflächen und öffentliche Plätze verschönert und Altbauten denkmalgeschützt saniert, über viele Jahre mit staatlichen Hilfen und Begünstigungen. Aber auch zunehmende polizeiliche Kontrollen oder gar die Errichtung von Polizeiwachen wie in Connewitz, sind Teil des Prozesses. Ziel ist hier mit staatlichen Stellen wie Polizei oder Ordnungsamt Menschen aus den entsprechenden Stadtteilen zu vertreiben, die die Aufwertung stören. Auch wenn sich das Angebot und das Aussehen der Viertel verbessern mögen, steigen in den betroffenen Vierteln allmählich die Mieten. Familien, Alleinerziehende, Hartz 4 EmpfängerInnen, Rentner*innen und gering-Verdiener*innen haben das Nachsehen. Wenn sie die hohen Mieten nicht mehr zahlen können, müssen sie die Stadtteile, in denen sie seit langem gelebt haben, verlassen.

In Leipzig ist diese Veränderung nicht erst jetzt zu beobachten. Der Immobilienmarkt boomt, Immobilien sind eine beliebte Geldanlage. Hinzu kommt, dass viele Menschen ziehen seit Jahren in die Stadt ziehen. Von der schrumpfenden Stadt mit immensen Leerständen entwickelte sich Leipzig in sehr kurzer Zeit zu einer Stadt mit angespanntem Wohnungsmarkt. Immer weniger Wohnungen stehen leer, mietbaren Wohnungen stehen Neuankömmlingen und Umziehenden immer seltener zur Verfügung und die meisten Neubauten sind unter 11 Euro pro Quadratmeter nicht zu haben. Die Mieten nehmen in der Stadt rasant zu (von 2004 bis heute um die 40%).

Eine Gesellschaft in der Wohnraum nur noch als Ware gehandelt wird, deren Bau, Modernisierung und Vermietung hohe Gewinne erwirtschaften muss, führt zu massiven sozialen Problemen: Mittlerweile fehlen in Leipzig laut einer Studie über 40.000 preiswerte Wohnungen. Wer gerade nach Wohnungen sucht, wird die aussichtslose Lage zu spüren bekommen. Es finden einfach keine bezahlbaren Wohnungen mehr, außer vielleicht in den Plattenbauten am Stadtrand.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der jene reicher werden, die sowieso schon reich sind. Darauf hinzuweisen, ist nicht radikal noch verschwörungstheoretisch, es ist eine Tatsache. Die stete Mehrung von Vermögen basiert darauf, dass andere Menschen nichts haben und daher darauf angewiesen sind, zu schlechten oder mittelmäßigen Löhnen zu arbeiten, um dann ein Gutteil in Form von Miete wieder abzudrücken. Die einzige Möglichkeit das zu ändern, ist unsere gemeinsame Organisation in unseren Häusern, in unseren Stadtteilen und an unseren Arbeitsplätzen. Die einzige Möglichkeit gegen steigende Mieten ist ein widerständiges Viertel, eine widerständige Stadt, die sich gemeinsam und solidarisch gegen Entmietung und Verdrängung wehrt. Und die einzige Möglichkeit gegen eine profitorientierte Stadtpolitik vorzugehen, ist eine kollektive Protestkultur, die den Stadtrat und schließlich Land und Bund zwingt, Stadtpolitik im Sinne der Einwohner*innen zu machen. Dies ist wichtig gegen alle Parteien in Leipziger Stadtrat und bundesweit, die gerade jetzt in Zeiten des Wahlkampfes das Thema „Wohnungspolitik“ wieder entdeckt haben und seit Jahren nichts gegen die Zustände unternehmen, sondern lieber mit Aktueren der Immobilienbranche Golf spielen gehen.
Wir weigern uns, dass Leipzig immer mehr zu einer Stadt wird, die sich vornehmlich nach den Interessen der InvestorInnen und der Besserverdienenden richtet und aus der Menschen in Erwerbslosigkeit oder mit den schlecht bezahlten Jobs zunehmend verdrängt werden. Wir lassen uns nicht die Orte und Freiräume nehmen, die diese Stadt so lebenswert macht. Wir lassen uns nicht vertreiben. Das ist unsere Stadt!

Kommt daher mit uns am 6. April auf die Straße zum europaweiten Aktionstag in über 30 Städten gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn.

Wir treffen uns am 6. April um 12 Uhr Leopoldstraße / Wolfgang-Heinze-Str. und demonstrieren aus dem Leipziger Süden zur stadtweiten Demonstration ab 14 Uhr vom Bayrischen Bahnhof

Recht auf Stadt für alle!
Für eine solidarische Stadt, die kein Geschäftsmodell, sondern ein Ort für alle ist!

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